Donnerstag, 18. August 2016

Auf der Suche nach einem neuen Zuhause

Auf der Suche nach einem neuen Zuhause - Bild: Samaritan's Purse

Das Camp „Kara Tepe“ auf der griechischen Insel Lesbos war eine Anhöhe voller Olivenbäume, bis die ersten Flüchtlinge aus der Türkei dort ankamen. Nun füllen weiße Zelte die Lücken zwischen den Bäumen. Zwischen den Ästen sind Wäscheleinen gespannt, auf denen die Schutzsuchenden die wenige Kleidung, die sie haben, trocknen.
In den Camps harren die Flüchtlinge oft wochenlang aus.
Es würde wohl kaum jemandem etwas ausmachen, an so einem Fleckchen Erde ein oder zwei Nächte zu übernachten, bevor man zu seinem Kreuzfahrtschiff zurückkehrt. Aber wenn man zuvor mit einem völlig überfüllten Schlauchboot unterwegs war und nun Wochen oder Monate an diesem Platz verbringt, ist das ein anderes Thema.
Als unsere Mitarbeiter einen Flüchtling (Nazir) fragen, wo sein Zuhause ist, muss er kurz überlegen. Dann sagt er auf Arabisch: „Heimat ist, wo meine Familie ist.“ Es ist wahr, dass er in Griechenland nun relativ sicher ist. Es wird hier weder auf ihn geschossen, noch fallen Bomben um ihn herum herab. Einige Familienmitglieder sind mit ihm aus Syrien geflohen. Doch viele andere der Schutzsuchenden haben beides verloren: sowohl ihre Heimat, als auch ihre Familie.
Mit diesen Herausforderungen ist Samaritan’s Purse in Griechenland konfrontiert. Die Flüchtlinge wurden gezwungen ihre Heimat zu verlassen und haben alles für die Zukunft ihrer Familien geopfert. Nun sehen sie sich mit ihren traumatischen Erinnerungen und der frustrierenden Realität konfrontiert.
Die freundliche Zuwendung und ein offenes Ohr der Mitarbeiter vor Ort
wird von vielen Schutzsuchenden sehr geschätzt.
Samaritan’s Purse arbeitet bereits seit August 2015 mit der griechischen Regierung, anderen Hilfsorganisationen und lokalen Kirchengemeinden zusammen, um Flüchtlingen Wege aus dieser Hoffnungslosigkeit aufzuzeigen.
„Wenn wir einen Weg finden, dass sie für einen Moment ein Lächeln auf dem Gesicht haben und ihr Trauma vergessen, sind wir glücklich“, sagt Melissa Blauvelt, Projektkoordinator von Samaritan’s Purse auf Lesbos. „Unsere Aufgabe ist es aber nicht nur die täglichen Nöte im Blick zu haben, sondern ihnen auch dauerhafte Hoffnung anzubieten.“
Im vergangenen Jahr wurden Flüchtlingscamps mit Wasser und sanitären Anlagen ausgestattet sowie die Schutzsuchenden durch Lebensmittelverteilungen, Hygienepakete und andere Materialien unterstützt. Auch jetzt noch hilft Samaritan’s Purse der Regierung und anderen Organisationen bei dringenden Nöten. Gleichzeitig werden Kirchengemeinden gefördert, die sich mit Lebensmittelverteilungen und Kleiderausgaben oder auch Familienaktivitäten um die Flüchtlinge kümmern. Sowohl in Athen, als auch den Inseln Lesbos, Leros, Kos, Chios und Samos wird Samaritan’s Purse auch weiterhin selbst Verteilungen durchführen.
„Leute sagen: ,Dankeschön. Hier fühlen wir uns sicher und frei. Wir brauchen Organisationen wie Samaritan’s Purse“, sagt Stavros Mirogiannis, Direktor des Flüchtlingscamps Kara Tepe auf Lesbos.

Mittwoch, 10. August 2016

Interview mit einem "Unberührbaren"


Hans-Christian Danker im Interview mit Kumar Swamy


Ein Blick ins heutige Indien: Ein Kind gefangen in Zwangsarbeit

Kumar Swamy ist Koordinator des Dalit Freedom Network (DFN) in Indien, einem internationalen Netzwerk, das sich für die Rechte der rund 250 Millionen Dalits in Indien einsetzt. Viele der „Unberührbaren“ werden heute noch diskriminiert, ausgestoßen, misshandelt und versklavt. Swamy ist auch Generalsekretär des All India Christian Council, das sich vor allem um verfolgte Christen in Indien kümmert. Im Rahmen des zweijährlichen internationalen Treffens des DFN in Berlin stand er Hans-Christian Danker, Referent für das Projekt „Indien: Freiheit“ bei Geschenke der Hoffnung e.V., für ein Interview zu Verfügung. Eine Lebensgeschichte, die einem die aktuelle Situation in Indien vor Augen führt, verstehen lässt und bewegt.

Kumar Swamy im Interview mit Hans-Christian Danker
Danker: Als Kind haben Sie am eigenen Leib erfahren, was es heißt als Dalit in Indien aufzuwachsen. Was geschah damals?

Swamy: Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter immer zu uns gesagt hat, dass wir unberührbare, dreckige Menschen sind. Manchmal sagte sie sogar: „Wir sind Untermenschen, wir sind nicht wirklich menschlich.“ Ich lebte mit einem ständigen Gefühl der Minderwertigkeit. In diesem Wissen wuchs ich in meiner Familie auf, bis zu einem Tag, an den ich mich noch immer gut erinnere. Ich war elf Jahre alt und spielte mit meinen Freunden Cricket. Da war ein Junge, der zu einer hohen Kaste gehörte. Während des Spiels rannte ich versehentlich in diesen Jungen und berührte ihn. Er wurde sehr wütend und sagte, dass ich nicht das Recht dazu habe. Er schrie mich an: „Du dreckiger Dalit-Hund!“ Ich war sehr aufgebracht. Ich hatte den Cricketschläger noch immer in der Hand und ehe ich mich versah, schlug ich dem Jungen damit auf den Kopf. Er war verletzt und blutete. In kürzester Zeit verbreitete sich diese Nachricht im Dorf. Hunderte Freunde und Verwandte des Jungen kamen aus dem Nichts. Sie forderten eine Strafe für dieses schwerwiegende Verbrechen. Sie erlegten meiner Familie und mir auf, sofort unsere Sachen zu packen und das Dorf innerhalb der nächsten 24 Stunden zu verlassen. 

Danker: Wie beeinflusste dieses Ereignis Ihr Leben und das Ihrer Familie? 

Swamy: Für uns als Familie und mich persönlich war dies verheerend. Meine Familie musste unser Zuhause sofort verlassen, ansonsten hätten sie uns getötet, vermutlich bei lebendigem Leib verbrannt. Dies hinterließ eine tiefe Wunde in meinem Herzen. Ich dachte daran, mich umzubringen, weil ich nicht mehr als Dalit oder Unberührbarer bezeichnet werden wollte. Ich war depressiv. Das sind sehr bittere Erinnerungen an meine Kindheit, die mich noch immer erzittern lassen. 

Danker: Wie ging es für Sie weiter und wie sind Sie letztendlich zum Glauben gekommen?

Swamy: Viele Jahre lebte ich mit einer Depression und Selbstmordgedanken. Das änderte sich, als ich 17 Jahre alt war und meinen älteren Bruder eines Tages traf. Er kam mit einem strahlenden Lachen auf dem Gesicht nach Hause. Und er sagte: „Kumar, all unser Leiden und unser Schicksal als Dalit sind vorbei!“ Und ich sagte: „Wie ist das möglich? Was ist passiert?“ Mein Bruder erzählte mir, dass er auf der Straße eine Gruppe junger Leute getroffen hat, die dort fröhliche Lieder gesungen haben. Er blieb stehen und hörte ihnen zu. Sie sprachen über Jesus Christus. Am Ende kniete mein Bruder nieder und entschied sich für ein Leben mit Jesus. Die jungen Leute gaben ihm als Geschenk ein schwarzes Buch und er brachte dieses Buch mit nach Hause. Er öffnete es auf der ersten Seite und zeigte mir eine wunderbare Botschaft: Ich bin nach dem Ebenbild Gottes geschaffen worden! Ich habe noch nie eine so wunderbare Nachricht in meinem Leben gehört. Ich war doch ein dreckiger Hund, unberührbar und jetzt sagt dieses Buch – die Bibel – dass ich nach Gottes Ebenbild erschaffen wurde! Ich sagte zu meinem Bruder: „Ich will diesen Gott!“ Und so führte mein Bruder mich zu Jesus Christus, dem Gott der Christen. Ich bin so froh, dass ich heute ein Kind Gottes bin, kein Unberührbarerer mehr, kein Untermensch. 

Danker: Wie sind Sie zu der Arbeit gekommen, die Sie heute ausüben?

Swamy: Sobald ich diese gute Nachricht gehört hatte, wollte ich sie mit allen meinen Freunden, Dorfbewohnern und Verwandten teilen. Also begann ich damit, allen von meiner Umkehr zu erzählen. Von dieser wundervollen Nachricht, die ich sehen durfte. Von dieser Hoffnung, die von Gott kommt, durch die Zusage, dass Gott mich liebt. Darum bin ich nun Teil des DFN, um diese befreiende Nachricht den Dalits heute weiterzugeben. 

Danker: Wie würden Sie die aktuelle Situation der Dalits beschreiben? Werden sie noch immer diskriminiert?

Swamy: Leider besteht das Kastensystem in unserem Land noch immer. Dalits sind dazu verdammt, diskriminiert und entmenschlicht zu werden. Diese Diskriminierung erfahren 250 Millionen Dalits jeden Tag in unserem Land. Das ist eine grobe Verletzung von Menschenrechten. Das ist moderne Sklaverei. Moderne Apartheid, wenn man so will. Noch heute ist es in abgelegenen Teilen Indiens, in den Dörfern, den Dalits nicht erlaubt Wasser aus dem Brunnen zu holen. In manchen indischen Dörfern dürfen Dalits zu bestimmten Tageszeiten nicht auf die Straße, weil ihr Schatten versehentlich auf jemanden einer höheren Kaste fallen und ihn dadurch verschmutzen könnte. Dieser müsste sich dann sofort Zuhause reinigen und ein Bad nehmen.

Danker: Sie sind der Koordinator des DFN in Indien. Wie ist es zur Gründung der Organisation gekommen?

Das Schulgebäude der Good Shepherd School in Jeedimetla
Swamy: Im Jahr 2001 luden wir etwa 800 Leiter von Dalit Gemeinschaften nach Hyderabad im Süden Indiens ein. Wir verbrachten zwei Tage mit Beratung und gemeinsamen Überlegungen. Am Ende der Konferenz fragten wir die führenden Dalits: „Was möchtet ihr von uns als Christen? Was braucht eure Gemeinschaft?“ Die Antwort lautete wie aus einem Mund: „Bitte bildet unsere Kinder. Wir leben als Sklaven. Aber wir wollen nicht, dass unsere Kinder, die nächste Generation, ohne Bildung zugrunde geht.“ Gott legte uns diese wundervolle Mission ans Herz, die Dalit Kinder zu unterrichten. Bis heute hat das DFN 107 Schulen in Indien eingerichtet, die Dalit Kindern die Möglichkeit bieten, zur Schule zu gehen. Bildung ist Bevollmächtigung und dies wiederum führt zur Emanzipation und Freiheit der Dalit Kinder. 

Danker: Was tun Sie über die Schulbildung hinaus, um die Würde und Freiheit von Dalits wiederherzustellen?

Nähunterricht für Dalit-Frauen
Swamy: Oft sind die Dalits dazu verdammt all die niederen, dreckigen Arbeiten zu verrichten, wie z.B. Toiletten zu reinigen. Es gibt eine schockierend große Zahl von zwei Millionen Dalits im heutigen Indien, die dazu gezwungen werden, menschliche Exkremente mit ihren bloßen Händen zu entsorgen. Wir nennen das „manuelle Latrinenreinigung“. Daher ist der Bedarf an würdevoller Arbeit groß. Dafür setzen wir uns ein, besonders für die Frauen. Wir bringen ihnen Fachkenntnisse bei, sodass sie eines Tages auf eigenen Beinen stehen können und eine Arbeit in Würde verrichten können. Weiterhin verfolgen wir eine medizinische Mission, die sich an die gesundheitlichen Gegebenheiten der Dalit- Gemeinschaft richtet. Weil sie unberührbar und arm sind, können sie es sich nicht leisten zu einem Arzt, der zu einer höheren Kaste gehört, zu gehen. Wir richten deshalb regelmäßige medizinische Gesundheitszentren für die Dalit-Familien ein.

Danker: Welche Veränderungen konnten Sie in den Dalit-Gemeinschaften bereits beobachten?

Dalit-Schulkinder in Thimmajipet
Swamy: Durch die Bildung werden die Kinder ermutigt. Sie lernen nicht nur, dass Gott sie liebt und sie nach Gottes Bild erschaffen wurden. Mit Selbstachtung, Selbstbewusstsein und guten Englischkenntnissen machen sie einen Schulabschluss an unseren Schulen und gehen in die Städte, um z.B. einen Job bei einer IT-Firma zu bekommen. Wir sehen ebenso viele Frauen, die durch die erworbenen Kenntnisse gute Jobs in Unternehmen bekommen, was vorher nicht der Fall war. Wir sehen, wie sich langsam aber sicher die Gemeinschaften in den verschiedenen Dörfern verändern. Zudem gibt es eine positive Entwicklung im Kampf gegen Tempelprostitution. Viele Dalit-Mädchen werden dazu ausgewählt im Tempel als Prostituierte zu arbeiten. Die Jüngsten unter ihnen sind erst acht Jahre alt. Wir haben hier bereits viel erreichen können, um dieses schreckliche System zu stoppen. Und wir haben die Möglichkeit, die Mädchen stattdessen zu unterrichten und in Kinderheimen unterzubringen, wo eine bessere Zukunft auf sie wartet. 

Danker: Welche Rolle spielt der christliche Glaube in der Arbeit des DFN?

Swamy: Die christliche Botschaft ist entscheidend für unsere Mission und Organisation. Denn nur der Gott der Christen sagt von sich selbst, dass er der Gott der Gleichheit ist. Er erschuf die Menschen alle gleichwertig, das ist eine Kernbotschaft der Bibel. Und es ist ein Segen für die Dalits, wenn sie hören, dass sie nach Gottes Ebenbild geschaffen wurden.  Diese Aussage des Christentums ist sehr wichtig und befreiend für die Dalits in Indien.

Danker: Können Sie Informationen über die aktuelle Situation der Christen in Indien heute mit uns teilen? Vor welchen Problemen stehen sie?

Swamy: Es gibt eine andauernde, strategische Verfolgung in Indien. In verschiedenen Teilen des Landes gibt es Anschläge auf Kirchen und Angriffe auf Christen. Im letzten Jahr wurden drei unserer Pastoren ermordet. Das liegt vor allem daran, dass viele Christen aus einem Dalit-Hintergrund kommen. Sie waren einmal Dalits, aber sind nun Christen geworden. Das hat offensichtlich zu großem Ärger unter einigen Menschen geführt, die nun laufend die Christen in unserem Land angreifen. 

Danker: Was können wir hierzulande für die Dalits und andere Unterdrückte in Indien tun?

Swamy: Sie können viel tun. Zum einen geht es darum ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was in diesen Tagen in Indien geschieht und dass es diese große Gruppe von Dalits gibt, die noch immer diskriminiert wird. Zum Zweiten bitte ich um Gebet. Besonders für die verfolgten Christen sowie die Dalit-Christen Indiens. Drittens bitte ich um Gebet für die Bildung der Dalit-Kinder, da diese so essenziell wichtig ist. Wir haben Schulen, aber die Kinder brauchen Paten, damit die Bildung ihnen Freiheit ermöglicht. Daher bitte ich Sie, eine Patenschaft für ein Dalit-Kind zu übernehmen. Es kostet 25 € im Monat. Damit befreien Sie ein Dalit-Kind fürs Leben. Sie können ihm die Würde, die Gott gegebene Würde, geben, indem sie es mit 25 € im Monat unterstützen. Das ist mein Aufruf an die deutschsprachigen Christen und die uns wohlgesinnten Menschen dieser Welt.  



Trotz der verfassungsmäßigen Gleichheit gibt es bis heute Millionen von Menschen in Indien, die aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit oder Herkunft diskriminiert, bedroht und ausgebeutet werden. Doch Vieles ist auch im Aufbruch und positive Veränderungen werden sichtbar. Mit dem Projekt „Indien: Freiheit“ unterstützt Geschenke der Hoffnung die Arbeit der Good Shepherd Schools in Indien, die aus der Arbeit von Kumar Swamy und des DFN entstanden ist. Werden auch Sie Teil dieser großen Bewegung, die den Dalits ein Leben in Freiheit und Würde ermöglicht. Alle Informationen über unsere Arbeit in Indien finden Sie unter http://bit.ly/IndienFreiheit











Freitag, 15. Juli 2016

Wenn der Hass um sich greift…


Ein Beitrag von Tobias-Benjamin Ottmar

Als ich heute Morgen die Nachrichten hörte, musste ich weinen. Schon wieder ein Anschlag. Und wieder einer in unserem Nachbarland. Je näher der Terror rückt, desto mehr bedrückt er uns – das ist verständlich. Doch neben dem jüngsten Terrorakt mit mindestens 80 Toten in Nizza – am Abschluss des französischen Nationalfeiertags – gab es allein im Juli noch zahlreiche weitere Gewaltakte mit weit über 300 Toten und hunderten Verletzten: Dreimal in Bagdad (allein dort über 330 Todesopfer), in Dhaka und Saudi-Arabien. Die Liste, die Wikipedia hier führt, ändert sich fast täglich. Es fällt schwer, die Übersicht zu behalten.
Während im Irak der Terror leider inzwischen zum Alltag gehört, ist er für unsere westliche Welt (noch) eine Ausnahmesituation – die aber immer häufiger auftritt. Es ist für mich – neben dem Verdienst der Sicherheitsbehörden – auch ein Wunder und Gnade Gottes, dass im deutschsprachigen Raum noch keine Anschläge dieser Art stattgefunden haben. Die Gewalttat in Nizza – deren Hintergründe zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar sind – stellt einen traurigen Höhepunkt dar. Wenige Stunden zuvor hatte noch Frankreichs Präsident François Hollande angekündigt, den Ausnahmezustand seines Landes zum Ende des Monats zu beenden. Er war nach der Anschlagsserie im November verhängt worden. Nun ist die Hoffnung, dass das Land etwas zur Normalität zurückkehren kann, einer wachsenden Angst gewichen. Während tausende Polizisten die Militärparade auf der Champs-Élysées beschützten, konnte wenige Stunden später ein einzelner Mensch dutzende Personen in den Tod reißen.

Wie sollen wir mit diesem um sich greifenden Hass umgehen? Wie bewerten wir die Tatsache, dass die allermeisten Terrorakte von Islamisten verübt werden (im aktuellen Fall ist das noch unklar!)?

…zählt das Gebot der Liebe umso mehr

Zum einen sollten wir die Motivation der Gewalt nicht verharmlosen. Es ist leider nicht zu leugnen, dass es eine erhebliche Zahl radikalisierter Muslime gibt – die wohl auch noch wächst. Sie berufen sich dabei auf ihre heiligen Schriften und ihre religiösen Führer. Ob ersteres theologisch haltbar ist, ist umstritten – es ist aber eigentlich auch irrelevant. Fakt ist, dass das Gottesbild im Islam und Christentum höchst unterschiedlich ist. Als Christen dürfen und sollen wir für den Gott der Liebe werben, der sich in Jesus Christus den Menschen gezeigt hat und zu dem jeder Mensch eine persönliche Beziehung aufbauen kann. Bei „Weihnachten im Schuhkarton“ erleben wir immer wieder, welche positiven Entwicklungen das Annehmen dieser Botschaft haben kann – auch wenn sich die äußeren Umstände (Armut, schwierige Familiensituation, etc.) nicht unbedingt immer ändern.

Die Botschaft der bedingungslosen Liebe Gottes ist gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je – denn sie zeigt auch für all diejenigen Muslime eine Alternative auf, die gerade auch aufgrund der Gewalt des IS mit ihrer eigenen Glaubensüberzeugung hadern. Daher ist es auch nicht erstaunlich, dass unter den Flüchtlingen die Zahl der Christen wächst.

Wir sollten uns davor hüten, auf diesen Hass mit einer ebenso hasserfüllten Einstellung zu reagieren. Verurteilungen, Pauschalisierungen und Isolation helfen uns nicht weiter. Stattdessen gilt es, sich selbst zu hinterfragen, ob man sich von diesem Gott der Liebe prägen lassen will – oder von den schrecklichen Nachrichten? Und wer bereits mit dem Gott der Bibel unterwegs ist, der ist in diesen Tagen mehr denn je gefragt, ein Zeuge der Liebe zu sein, Mitgefühl zu zeigen und für die Welt, die Opfer der Anschläge, die Verantwortungsträger und auch unsere Feinde zu beten. Die Aufforderung von Jesus aus Matthäus 5,44 („Liebt eure Feinde und betet für alle, die euch verfolgen!“, Hoffnung für Alle) gilt schließlich auch in diesem Fall – auch wenn sie noch so schwer fällt.